Die Konvergenz der Medien - nur die Medien haben darauf vergessen.
02.01.2011 22:29:00 (Kommentare: 1)
DAS Schlagwort der Jahre 1999 bis 2003 - oder: Schlaf Kindlein, schlaf!

Prof. Dr. Helmut Thoma - Cebit Questions 2009
Wer
war nicht aller zur Stelle, wenn auf einer der zig Podiumsdiskussionen,
Interviews in Fachzeitschriften oder gar in den Medienunternehmen
selbst das Thema „Konvergenz“ viel?
Alles, was Rang und Namen hatte, auch alles was weder Rang noch Namen hatte, fand sich berufen, sich zu diesem Thema zu äußern.
Zusammengefasst war man sich jedoch einig: die Konvergenz fände bereits (damals) statt.
Paradoxer Weise stimmt
das. So ziemlich alle Unternehmen und Branchen, die die Schlüsselrollen
zu einer Konvergenz darstellen, haben „konvergenzelt“. Auch der
Konsument „konvergenzt“ bereits seit Jahren. Nur die Medien -
diejenigen, die die größten Profiteure einer Konvergenz wären - sie
schlafen den Schlaf der Gerechten.
Frei nach Fred Sinowatz (1929-2008),
der wohl die zeitlose Erkenntnis „Es ist alles sehr kompliziert...“ auf
den Punkt gebracht hatte, steht dieser Satz für den Zustand der Medien
bis heute: Es ist einfach alles so kompliziert!
Falsch. Ist es nicht! Muss man hier postulieren.
Konvergenz
bedeutet nicht nur das Zusammenstreben verschiedener Teilbereiche im
Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung, sondern auch die damit
verbundenen Veränderungen und Kombinationen aus verschiedenen
(interdisziplinären) Geschäftsmodellen.
Einfach formuliert:
Wenn Bereiche wie
Telekommunikation, direkt transaktionale Geschäfte (Shops, Online
Payment, Video On Demand, Online Auktionen, Gaming, Versandhandel,
Location Based Services, Navigation, Technik, Programmierung, Hardware,
Unterhaltungselektronik, Kommunikationselektronik - die Liste wäre
endlos fortsetzbar), Inhalte und Kommunikation verschmelzen, dann ist es
unabdingbar, dass jeder der Marktteilnehmer Know-how über die
Funktionsweise der Geschäftsmodelle der anderen erwirbt.
Die „Krise“ in der sich
die Medien wieder finden ist hausgemacht. Die Medienbranche und leider
auch die Werbebranche bis zu einem gewissen Grad, haben es völlig
verabsäumt, sich mit den Grundvoraussetzungen der Geschäftsmodelle der
zukünftigen Partner auseinander zu setzen. Vielleicht aus
Bequemlichkeit, wahrscheinlich aber aus der Tatsache heraus, dass es
ihnen als „Gatekeeper“ zum Endverbraucher im eigenen Geschäftsmodell
noch lange Zeit viel zu gut ging.
Und heute? Katerstimmung
nach dem Feiern. Was nun? Was tun? Wie konnte das ein, dass sich ein
Markt völlig ungefragt von ganz alleine entwickelt und die
Medienunternehmen nicht hofierte, so wie man es bisher gewohnt war? Wie
kann es sein, dass eine doofe Programmierbude aus den USA, die eine
Suchmaschine (im übrigen eine von vielen) entwickelt hat, auf einmal das
angestammte Geschäft übernimmt und bedroht? Und wie in aller Herrgotts
Namen kann es sein, dass man sich in solchen Unternehmen erdreistet,
einfach aberwitzige Summen zu verdienen, ohne seinen Obulus an die
Medienunternehmen zu leisten?
Völlige
Verständnislosigkeit und Ratlosigkeit macht sich heute bei den
arrivierten Medienunternehmen breit und scheint manchmal in einer fast
infantilen und realitätsfremden Trotzreaktion zu manifestieren: „Diese
bösen Googles und Facebooks schmarotzen ihr Dasein, ja sogar ihren
Erfolg auf unseren Qualitätsinhalten! Das muss man verbieten!“
Aber wie etwas verbieten, was völlig legal ist? Nicht nur legal, sondern auch vom Konsumenten gewünscht und unterstützt?
Man kann nur sagen:
„Meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist Zeit aufzuwachen. Es
liegt mehr Arbeit vor Ihnen, als Sie sich erträumen lassen. Arbeit, die
Sie seit 10 Jahren nicht erledigt haben. Liegengebliebene Arbeit, die
andere für Sie erledigt haben und deshalb nun auch den Markt bestimmen.
Arbeit, die Sie entweder jetzt raschest aufnehmen können um morgen
weiter an diesem Markt teil zu nehmen. Die Alternative wäre: in fünf
Jahren nicht mehr zu existieren!
Sie finden, das klingt
überspitzt? Sie sind der Meinung, das wird schon alles nicht so kommen?
Das ist wieder eine von diesen „Visionen“, die eh nicht eintreten?
Naja, sollten Sie Recht
haben, gibt es keinen Grund, Einsparungen vorzunehmen - Einsparungen im
übrigen, die die Medienunternehmen seit mehr als fünf Jahren Jahr für
Jahr tätigen. Quoten und Reichweiten würden nach wie vor wachsen,
Werbeeinnahmen würden sprudeln, alles wäre wie immer. Ist dem so?
Egal welches Thema für
Medien heute Relevanz hätte, keines davon kann besprochen werden, ohne
die Themen „Internet“, „Mobilfunk“, „Festnetzkommunikation“, „Social
Media“, „Unterhaltungselektronik“, „IP TV“, „Programmierstandards“,
„CMS“ - oder welches Wort Ihnen auch immer dazu einfällt - zu
berücksichtigen.
Ein Medienmanager kann
sich heute den Luxus nicht mehr leisten, selbst keinen „Zustand“, kein
fundiertes Basiswissen oder keine Erfahrung mit der Umsetzung oder dem
Einsatz von Technologien zu haben.
Die klassischen
Trennungen von diesen Disziplinen sind zwar in den Niederungen der
operativen Umsetzung unumgänglich, bei der Koordination und
Strategiefindung sind solche Kenntnisse jedoch unablässig.
Wer kennt es nicht, dass
das Management eines Medienunternehmens in Gesprächen über elektronische
Medien heute satisfaktionsfähige Diskussion führen kann? „Dafür haben
wir unsere Experten!“ Hört man da. „Wir haben einen
Internetverantwortlichen.“
Wenn also alles was mit
„New Media“ im weitesten Sinne zu tun hat, nicht sofort zur Chefsache
erklärt wird, wird „Old Media“ wohl immer tiefer in die
Geschäftsmodellproblematik eintauchen.
Klar, das Schindluder,
das Berater die letzten Jahr hochbezahlt getrieben haben, ist groß. Klar
auch, dass renommierte Beratungsunternehmen, meist mit
betriebswirtschaftlichem Hintergrund aber ohne jeden Medienhintergrund
für unverschämtes Geld sinnloseste Beratungsleistungen erbracht haben,
die allesamt bei allen Medienunternehmen zu einem Ergebnis geführt
haben: Investitionen in Technik ohne Manpower und die Reduktion der
Personalkosten.
Heute verfügen viele
Medienunternehmen über viel Technik, weniger Personal im produktiven
Bereich (Herstellung des Produktes), dafür aber wurde der Personalstab
im Bereich technischer Betreuung, die externen Wartungskosten und die
Mitarbeiter im administrativen Bereich (Stichwort: der SAP Kult mit
seinem Controlling Wahn) ausgebaut.
Konvergenz. Was bedeutet das also im Klartext für ein Medienunternehmen?
Wenn man also seine
Inhalte über jede heute und zukünftig vom Endverbraucher akzeptierte und
gewünschte Technologie bereitstellen möchte, bedeutet das in allen
hierfür notwendigen Kategorien der Inhaltsdarstellung und des hierfür
erforderlichen journalistischen und produktionstechnischen Handwerks
denken können und rechnen können zu müssen.
Darüber hinaus verlangt
diese Aufgabe auch ein Grundverständnis für die Geschäftsmodelle der
„Verbreiter“, also derer, die man zum „Beliefern“ der Endgeräte benötigt
und - last but not least - ein Grundverständnis über den Markt derer,
die die Geräte (Unterhaltungselektronik) hierfür herstellen.
Berücksichtigt man nun
noch das Geschäftsmodell der letzten Marktteilnehmergruppe, die hierbei
involvierte Software-, oder besser, elektronische
Kommunikationsindustrie (von Betriebssystemherstellern bis zu
Funktionalitäts- und Gebrauchssoftware), sollte man in der Lage sein,
das eigene arrivierte Geschäft anzupassen.
Wie geht das in der Praxis?
Man engagiert einen der
wenigen Generalisten und bezahlt ihn dafür, das Know-how und Verständnis
im eigenen Unternehmen hierfür aufzubauen.
Die Konvergenz hat also
längst statt gefunden. Jedenfalls beim Konsumenten. Wenn nun die
europäischen Anbieter in diesem Markt nicht mehr „mitspielen“ wollen,
kein Problem, andere internationale Unternehmen übernehmen diese
Marktaufgabe sehr gerne und freiwillig, wie man heute schon sieht. Nur
beschweren sollte man sich dann nicht mehr.
Medien sind nicht die
Opfer einer Entwicklung, sie sind eigentlich die Täter. „Täter“ kommt
von „tun“. Aber auch unterlassen kann zur Mittäterschaft werden. Besser
also man nimmt aktiv an der Gestaltung der eigenen Zukunft teil. Es geht
immerhin um die eigene Existenz.
Manchmal erweckt es schon den Eindruck, Innovation und Investition wäre etwas illegales geworden.
In diesem Sinne: Es ist
eine schöne neue Welt! Keine Angst vor vermeintlich „komplexem und
kompliziertem“ es ist nur halb so wild!“
Wie immer und von uns gewohnt - hier ein Lösungsansatz:
-
Analyse der bestehenden eigenen Struktur.
-
Erarbeitung einer zeitgemäßen Strategie und eines ebensolchen Strukturvorschlages.
-
Umsetzung.
Zeitaufwand: 3 bis 6 Monate bis zum Umsetzungsbeginn.
Frei nach Fritz Neugebauer: „Und so afoch is die Wöd!“
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Kommentar von Medienfachmann |